Politische Bildung

Unfreiwillig als Teenie aus der BRD in die DDR: Zeitzeuge Thomas Raufeisen berichtet am GyKi von seinen Erlebnissen

Wie ist es, wenn man mit 16 Jahren ganz plötzlich alles stehen und liegen lassen muss und gar nicht weiß, warum man über Nacht über die deutsch-deutsche Grenze soll? Und das angeblich für immer? Und bei DIESER Grenze?

Thomas Raufeisen ist es passiert: Er musste von Hannover weg in die DDR umziehen – auch wenn er das gar nicht wollte. Deshalb saß er ein: in Bautzen II und in Hohenschönhausen, zwei fürchterlichen Stasigefängnissen.

Darüber berichtete Herr Raufeisen am 4. Juli den Schülerinnen und Schülern der Q11 im Rahmen des Geschichtsunterrichts. Er erzählte, wie er als ganz normaler Teenie in Hannover aufs Gymnasium gegangen ist und eines Abends erfuhr, dass er mit seiner Familie zu seinen Großeltern nach Usedom in den Osten reisen sollte, angeblich, weil es seinem Großvater sehr schlecht ginge. Ganz überstürzt und ohne sich von Freunden verabschieden zu können, ging es in die DDR. Doch dort entpuppte sich die Krankheitsgeschichte als Lüge – der Vater hatte die Familie hintergangen. Denn er war in der BRD als Spion für die DDR aufgeflogen und musste fliehen.

Daraus entwickelte sich für die Familie ein Alptraum, aus dem ein Erwachen zunächst kaum denkbar war. So musste Thomas Raufeisen in eine Klasse einer Schule gehen, in der erwartet wurde, dass man stramm sozialistisch dachte. Das Feindbild BRD wurde im Staatsbürgerkundeunterricht enorm geprägt. Besonders beeindruckend für die Schülerinnen und Schüler des GyKi: das „Sportgerät“, mit dem die Jugendlichen in der DDR im Sportunterricht Weitwurf geübt hatten – eine Handgranate, die durchgereicht wurde.

Dass der junge Thomas bereits nach wenigen Monaten wieder zurück nach Hannover wollte, war allen Zuhörenden mehr als verständlich. Doch trotz verschiedener Fluchtversuche gelang dies nicht. Stattdessen landete er im Gefängnis, wo er insgesamt drei Jahre verbrachte. Dass er letztendlich in den Westen ausreisen durfte, ist fast ein Wunder der Geschichte. Und ebenso, dass er daran nicht zerbrochen ist. Im Gegenteil: Thomas Raufeisen hat sich ein Leben aufgebaut, dass zwar von der Zeit in der DDR stark geprägt ist, aber er hat es sich zur Aufgabe gemacht, jungen Menschen nicht nur von diesen Erlebnissen zu erzählen, sondern ihnen zu vermitteln, wie wertvoll Freiheit der Person, Meinungs- oder Reisefreiheit sind. Wie wertvoll es ist, nicht in einer Diktatur, sondern in einer Demokratie zu leben.

Diese Botschaft kam bei den Schülerinnen und Schülern der Q11 am GyKi durchaus an.

Für die Fachschaft Geschichte

Irmela Wedler

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